Wie funktioniert ein Steuersystem mit Grundeinkommen?

Welches Steuer-System steht hinter dem Konzept des bedingungslosen Grundeinkommens ?

Die Finanzierung eines Grundeinkommens ist möglich durch Besteuerung der Wertschöpfung, also durch Steuern auf Einkommen, oder des Werteverbrauchs, also Steuern auf Konsum.
Da Werteverbrauch und Wertschöpfung betragsmäßig identisch sind, wird in beiden Fällen die selbe Grundlage besteuert, nur zu geringfügig abweichenden Zeitpunkten.

Der Unterschied zum bestehenden Steuersystem besteht darin, dass alle Freibeträge und Progressions-Stufen entfallen und ersetzt werden durch eine für alle Bürger gleich hohe Steuer-Erstattung: das Grundeinkommen. 
Erfolgreichch angewendet wird dieses Prinzip bereits heute beim Kindergeld, wobei sehr hohe Einkommen mit einem Kinderfreibetrag an Stelle des Kindergelds immer noch begünstigt werden.

In einem Steuersytem, das ganz auf Einkommensteuern verzichtet und den Werteverbrauch / Konsum besteuert - z.B. durch eine Mehrwertsteuer, sind Progressionsstufen und Freibeträge gar nicht möglich. Eine Freistellung des Existenzminimums von Steuern ist dann nur über ein Grundeinkommen als Steuer-Rückzahlung möglich.
Auf die ausführliche Darstellung einer BGE-Finanzierung durch Mehrwertsteuern wird hier verzichtet, da diese trotz der theoretischen Machbarkeit zur Zeit unlösbare außenwirtschaftliche Folgen hätte und in der steuer-technischen Umsetzung erheblich komplizierter wäre. Die Finanzierung durch Abgaben auf die Wertschöpfung zeigt außerdem deutlicher den Gerechtigkeits-Aspekt, nämlich das BGE als Grundrecht.

Prinzipiell sind mit Steuerprogression und Freibeträgen ähnliche Effektiv-Steuersätze möglich, wie mit einer Steuer-Erstattung - mit Ausnahme der untersten Einkommensgruppen, die mit einem Grundeinkom-men (scheinbar!) mehr Steuern erstattet bekommen, als sie zahlen. Dafür müssen heute die untersten Einkommensgruppen durch das bürokratisch aufwendige und diskriminierende Hartz-IV-System oder Sozialhilfe unterstützt werden - ein deutlich weniger effizientes System.

Der Unterschied zwischen Steuerprogression und Steuer-Erstattung (= Grundeinkommen) wird hier für einige Einkommen beispielhaft gezeigt:

Brutto-Einkommen

Steuer mit Freibetrag und Progression (heute)

Steuer mit 44,31% Spitzensteuersatz
ab dem 1. € (Flat Tax)

Differenz =  Steuervorteil

44,31% Flat Tax
mit 1.178 € Steuererstattung

0 €  0 €  0 €  0 €  -1.178 €
1.000 €  0 €  434 €  434 €  -744 €
2.000 €  195 €  886 €  691 €  -292 €
3.000 €  445 €  1.329 €  884 €   151 €
4.000 €  735 €  1.772 €  1.037 €  594 €
5.000 €  1.087 €  2.216 €  1.207 €  1.038 €
6.000 €  1.496 €  2.659 €  1.129 €  1.811 €
7.000 €  1.924 €  3.102 €  1.178 €  1.924 €
8.000 €  2.367 €  3.545 €  1.178 €  2.367 €
12.000 €  4.139 €  5.317 €  1.178 €  4.139 €
20.000 €  7.684 €  8.862 €  1.178 €  7.684 €

Das Beispiel zeigt in der 4. Spalte den heute gleichbleibenden Steuervorteil von Freibetrag und Progression für alle Monats-Einkommen höher als 6.000 €, sowie den abnehmenden Steuervorteil bei niedrigeren Einkommen.
Die letzte Spalte zeigt die Steuerbelastung mit einem einheitlichen Steuersatz von 44,31 % (Spitzen-steuersatz incl Soli heute) bei gleichzeitiger Steuererstattung von 1178 € / Monat für jeden.
Würden alle Einkommen ab dem 1. € einheitlich mit dem Spitzensteuersatz (flat tax) versteuert und ein fester Betrag von 1.178 € jedem Bürger rückerstattet, dann würde sich die Steuerbelastung für alle Einkommen über 6.000 € nicht ändern. Bei allen geringeren Einkommen würde das Nettoeinkommen jedoch steigen, je geringer das Einkommen um so mehr. Dieses Rechenbeispiel widerlegt klar die landläufige wie irrige Meinung, Freibeträge und Steuerprogression würden niedrige Einkommen begünstigen. Dies ist nicht ganz falsch, verschleiert aber die Tatsache, dass hohe Einkommen noch sehr viel mehr begünstigt werden, dagegen mit sinkendem Einkommen die Begünstigung gegen Null geht.

Dieses Beispiel ist jedoch so nicht umsetzbar:
Der Verzicht auf Steuereinnahmen bei niedrigen Einkommen, sowie die negativen Steuern werden in diesem Rechenbeispiel nirgendwo kompensiert. Soll sich das heutige Steueraufkommen nicht ändern, muss der einheitliche Steuersatz (flat tax) von 44,31% erhöht werden und / oder das Grundeinkommen (= die Steuererstattung) reduziert werden. 

Wenn zukünftig die Pflege- und Krankenversicherung aus dem Grundeinkommen bezahlt werden sollen, ist außerdem der einheitliche Steuersatz (flat tax) um ca. 9 %-Punkte zu erhöhen. Dann müssten aber auch die Arbeitgeberbeiträge zur Pflege- und Krankenversicherung auf die Brutto-Löhne und -Gehälter aufgeschlagen werden, da die entsprechenden Beiträge an die Krankenkassen entfallen. Da aus den Brutto-Löhnen und -Gehältern keine KV- und PV-Beiträge mehr zu entrichten sind, erhöht sich das zu versteuernde Einkommen um diesen Betrag. (= erheblicher Finanzierungsbeitrag zum BGE).

Letzte Bearbeitung: 11.03.2018, 06:17