Welcher Anteil der Wertschöpfung resultiert aus meiner  "Arbeitsleistung"?

Dazu ein Gedanken-Experiment:

Drei Männer erhalten den Auftrag, im Wald jeweils eine Blockhütte zu errichten, Größe: ca. 3m x 3m. Wer vor den anderen fertig ist, soll noch eine zweite, dritte und weitere errichten.
Der erste erhält dafür gar kein Werkzeug, der zweite erhält eine gute Axt, der dritte erhält eine Motorsäge.
Der erste (ohne Werkzeug) wird sich vielleicht einen scharfkantigen Stein suchen, oder einen solchen zurecht schlagen. Damit wird er mit der Zeit die benötigten Baumstämme fällen und zurichten, und irgendwann wird seine Blockhütte fertig sein. In der selben Zeit hat aber der zweite mit der Axt vermutlich 50 oder mehr Hütten gebaut, und der dritte mit der Motorsäge vielleicht 500 oder mehr.

Dieses Beispiel zeigt, welchen Wert wir allein mit unserer "Arbeit" schaffen können und welchen Anteil an der Wertschöpfung der Einsatz von Kapital – also Werkzeug und Technologie – haben können. Entscheidend ist dabei nicht der Aufwand zur Herstellung einer Axt oder einer Motorsäge, sondern das Wissen darum, wie eine Axt oder eine Motorsäge hergestellt werden kann.

Es gibt aber auch viele Beispiele, wie gewaltige Produktivitäts-Fortschritte durch Technologie(=Kapital)-Einsatz nicht in Jahrtausenden, sondern in Jahrzehnten möglich sind, z.B.:

Um 1900 ernährte ein Landwirt mit seiner Arbeit sich und 4 weitere Menschen (zusammen 5). Heute ernährt er 150 Menschen. Arbeitet er also 30 mal länger oder 30 mal schneller als vor 120 Jahren?
Nein, er arbeitet nur 10 mal schneller und 3 mal so lange innocent! Wer dies glaubt, glaubt dann auch, dass seine Wertschöpfung hauptsächlich durch seine Arbeit entsteht.

Tatsächlich wird kein Wert ohne Arbeit geschaffen. Aber das was wir heute sowohl quantitativ wie qualitativ mehr schaffen, als unsere Vorfahren in der Steinzeit, verdanken wir einer Jahrtausende langen Entwicklung von Technologie, Kultur, Wissenschaft und Infrastruktur. Unsere Produktivität unterscheidet sich von der Steinzeit-Produktivität nicht durch höheren Arbeitseinsatz, sondern durch die Nutzung von Jahrtausende altem kulturellem und technologischem Wissen. Dies ist die Leistung unserer, wie auch aller Generationen vor uns und ist damit ein gemeinsames Erbe. Wir müssen deshalb auch alle an den Erträgen daraus beteiligen. Die Rendite aus diesem Erbe steht jedem Einzelnen rechtmäßig zu. Sie ist keine Unterstützung bei Bedürftigkeit oder Unfähigkeit, kein Almosen. Sie ist ein Grundrecht: ein ererbtes (Mit-)Eigentumsrecht und darf daher nicht willkürlich vorenthalten oder an Bedingungen wie Arbeitszwang oder Arbeitsbereitschaft geknüpft werden.

Als angemessene Lizens-Gebühr für die Nutzung der gemeinschaftlichen Rechte an wissenschaftlichem, kulturellem und technologischem Wissen könnte z.B. 50 % des erwirtschafteten Ertrags verlangt werden, das als Grundeinkommen an jeden Bürger ausgezahlt wird - damit auch an die Nutzer dieser Rechte.

Letzte Bearbeitung: 07.05.2017, 07:19