Ist ein „leistungsloses“ Einkommen, also ein Einkommen ohne Arbeitsleistung gerecht?
Man kann dies bestreiten, sollte dann aber konsequenterweise auch alle anderen Einkommen, die ohne (eigene) Arbeitsleistung entstehen, in Frage stellen. - so z.B. alle Arten von Kapitalerträgen wie Dividenden, Pacht, Spekulationsgewinne und vor allem Zinsen.
Das Bedingungslose Grundeinkommen ist nichts anderes als die Kapitalrendite aus dem gemeinschaftlichen Erbe aller Menschen in einem Land. Es ist ein Grundrecht – also ein Rechtsanspruch. Es ist kein Almosen, keine Unterstützung und somit keine Sozialleistung. Es ersetzt daher auch keine Sozialleistung.
„Bedarfsorientierte“ Sozialleistungen wie das Arbeitslosengeld-2 oder die Grundsicherung im Alter sind Almosen und Unterstützung für Bedürftige, die angeblich nicht in der Lage sind, ihren Lebensunterhalt selbst zu erwirtschaften. Sie werden ihnen großzügig vom angeblich „leistungsfähigen“ Teil der Gesellschaft aus deren (vermeintlicher) Leistung gewährt. Kann man Menschen mehr erniedrigen?
Ursache von Bedürftigkeit ist aber gar nicht mangelnde Leistungs-Fähigkeit oder gar Leistungs-Bereitschaft, sondern das dreiste Vorenthalten des gerechten Anteils an der gesamtwirtschaftlichen Wertschöpfung. Der Satz, den Jean Ziegler zu weltweiter Armut und Ungerechtigkeit formuliert hat: "Wir müssen den Armen nicht mehr geben, sondern nur aufhören, sie zu bestehlen", kann man auch direkt auf unsere Gesellschaft übertragen.
Der einzige Bezug des BGE zu bisherigen Sozialleistungen besteht darin, dass diese obsolet werden, da ein Grundeinkommen Verteilungsgerechtigkeit schafft und Armut, Bedürftigkeit und Abhängigkeit beseitigt.
Dies Recht auf einen unbedingten und angemessenen Anteil an der gesamtwirtschaftlichen Wertschöpfung ergibt sich aus dem gemeinschaftlichen Erbe aller Bürger unseres Landes.
Wir schaffen sämtliche Werte nicht allein durch eigene Arbeit, sondern auch durch die Nutzung gemeinschaftlicher Ressourcen wie Grund und Boden, Infrastruktur und Bildung, sowie wissenschaftlichem, kulturellem und technologischem Wissen:
An Grund und Boden kann es eigentlich kein Privat-Eigentum geben, sondern nur ein exklusives Nutzungsrecht, das durchaus vererbbar und veräußerbar ist. Die Erde gehört allen und es wurde noch kein Grundstück von jemand geschaffen, daher auch nicht legal erworben. Ein exklusives Nutzungsrecht bedeutet, dass jemand ganz allein ein Grundstück nutzen darf und alle anderen auf ihre Rechte daran verzichten. Dieser Verzicht ist abzugelten, z.B. durch einen gerechten Anteil vom erwirtschafteten Ertrag.
Unsere hohe Produktivität ist nicht nur Ergebnis unserer Arbeitsleistung, sondern vor allem auf den hohen Kapitaleinsatz zurück zu führen. Kapital sind nicht nur Werkzeuge, Maschinen und Anlagen, sondern mehr noch das Wissen, wie man diese Werkzeuge und Maschinen herstellt, also unser in Jahrtausenden entwickeltes technologisches und kulturelles Wissen. Bei diesem sogenannten "Geistigen Eigentum" verfallen aber heute alle Eigentumsrechte (Patente, Urheberrechte) nach einigen Jahren. Bei Gleichbehandlung von materiellem und immateriellem Eigentum, dürfte geistiges Eigentum ebenso wenig verfallen wie Eigentumsrechte an Sachen. Andernfalls müssten auch Eigentumsrechte an Grund und Boden nach einigen Jahrzehnten erlöschen.
Produktives Kapital ist auch die Infrastruktur, z.B. für Verkehr, Bildung, Kommunikation, u.v.m., die ebenfalls öffentliches Eigentum ist (oder sein müsste).
Die Frage ist nun, wer hat denn einen Eigentumsanspruch, also ein Recht auf Lizenzen an jahrzehnte bis jahrtausendealten wissenschaftlichen Erkenntnissen, Kultur und Technologie?
Antwort: wir alle. Eine Lizenz-Abgabe auf Nutzung dieser gemeinschaftlichen Ressourcen bei jeder Wertschöpfung wäre also gerecht. Ein gleicher Anteil dieses (Kapital-)Ertrags aus der Nutzung gemeinschaftlichen Ressourcen steht jedem einzelnen Mitglied der Gemeinschaft zu – als Grundeinkommen.